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Pressebericht über Fahrt zum Kreis Schweidnitz 25.-29. Mai 06

Bergstraße/Schweidnitz. Nach Niederschlesien, in eine alte Kulturlandschaft, in die Geschichte dieser Region und zugleich in Gegenwart und Zukunft führte die diesjährige Fahrt des deutsch-polnischen Freundeskreises Brücke/Most  - vorzüglich vorbereitet und organisiert von Ewa Redemann, der zweiten Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins des Kreises Bergstraße mit dem Kreis Schweidnitz/Swidnica.

  

"Alle gut 200 Jahre wechselten die Herrscherhäuser und damit die staatliche Zugehörigkeit dieses Raumes", so ein örtlicher Reiseleiter. Hinzugefügt werden müssen die Auseinan-dersetzungen zwischen den Konfessionen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die beiden Kirchen in Schweidnitz. Die gewaltige, nach der Reformation zunächst evangelische Stadtpfarrkirche und ehemals gotische Basilika St. Stanislaus und St. Wenzel mit ihrem 104 Meter hohen, alles überragenden Kirchturm wurde nach der Übergabe an die Jesuiten im Jahr 1666 barockisiert. Der Hauptaltar stellt in einem großen Arrangement die Hauptargumente in der Auseinandersetzung mit den Protestanten dar, insbesondere die Rolle Marias im Erlösungswerk.

 

Der barocke Altar der evangelischen Friedenskirche „Zur Heiligen Dreifaltigkeit“ – sie wurde den Protestanten nach dem Dreißigjährigen Krieg vom österreichischen Kaiserhaus zugestanden – symbolisiert den Tempel von Jerusalem als Haus der Weisheit Gottes. Dieser Altar sei, so Kunstgeschichtler, eine Antwort auf Form und Inhalt des Hauptaltars der Stadtpfarrkirche. Die Friedenskirche, inzwischen auch mit Mitteln des Bundes vollständig renoviert, gilt als das größte aus Holz gebaute Gotteshaus in Europa für 7500 Gläubige. Seit dem Jahr 2003 Weltkulturerbe, durfte die Kirche nur aus unbeständigem Material, also Holz, Lehm und Stroh, gebaut und musste außerhalb der Stadtmauern innerhalb eines Jahres errichtet werden. Auch in Jauer/Jawor, unweit von Schweidnitz, steht eine weitere von insgesamt drei dieser Kirchen.

 

Die Fahrtteilnehmer waren nicht nur beeindruckt von diesen Glaubenszeugnissen, sondern auch von der großzügigen Anlage der Marktplätze mit ihren prächtigen, renovierten Hausfassaden in den drei besuchten Städten Schweidnitz, Glatz und Breslau. Je größer und reicher die Stadt, desto größer das Planquadrat, in dessen Mitte das Rathaus mit weiteren Einrichtungen steht, umgeben vom „Ring“, dem Marktplatz, mit den Bürger- und Handelshäusern. 

Wer heute das quirlige, weltoffene Breslau besucht, vermag kaum zu glauben, dass Schweidnitz im ausgehenden Mittelalter als Zentrum der Bierbrauerei und als Handelsplatz fast ebenso bedeutend war wie Breslau. Klar doch, dass manche Fahrtteilnehmer nach der Stadtführung im Schweidnitzer Keller in Breslau einkehrten. Beeindruckt waren alle von der Aula Leopoldina der Universität Breslau und andern Tags von dem bemerkenswerten Deckengemälde im Speisesaal des Franziskanerklosters von Glatz/Klodzko.

Die unterirdischen Gänge aus der Zeit des Preußenkönigs Friedrich des Großen, von der Festung oberhalb von Glatz in die Stadt führend, konnten von den Teilnehmern als nun touristische Attraktion wahrgenommen werden. Der Tunnelkomplex im Eulengebirge katapultierte alle in die jüngere Vergangenheit. Mitte 1943, ein halbes Jahr nach Stalingrad, errichteten in der Nähe von Schweidnitz zunächst Kriegsgefangene, später Häftlinge des KZs Groß-Rosen unter unmenschlichen Bedingungen ein riesiges System von Betonkorridoren, Befestigungen und Hallen. Der Zweck der Arbeiten wurde geheim gehalten. Bisher ist völlig unklar, ob hier ein geheimes Hauptquartier Hitlers oder Hallen für unterirdische Rüstungsfabriken zur Herstellung von Geheimwaffen gebaut werden sollten. Der besichtigte, „Riese“ genannte Bereich besteht aus 1,7 Kilometern Tunnelbauten. Mit weiteren fünf Komplexen dieser Art sollte dieser Komplex mit unterirdischen Gängen verbunden werden. Über die Anzahl der Opfer, sie geht in die Tausende, ist nichts Näheres bekannt.

 Zu der Betroffenheit über die furchtbaren Schicksale anderer gesellte sich der persönliche Schmerz gerade bei jenen, die erstmals in die alte Heimat zurückgekehrt waren. Eine Mitreisende erinnert sich, dass sie als Kleinkind auf Geheiß der Mutter kleine Kuhlen in Schneehaufen grub, Nahrungsmittel hineinlegte, die von den zur Arbeit in den Stollen vorbeigetriebenen Gefangenen dankbar angenommen wurden. Ein anderer Mitfahrer schritt erstmals nach 61 Jahren seinen alten Schulweg ab und berichtete von seinen Erinnerungen an die Vertreibung. Jahre danach, als die eigenen Kinder groß waren, drängte es eine nun schon ältere Mitreisende nach Jalta, um den Ort und den Tisch zu sehen, an dem die drei Großmächte über das Schicksal so vieler Millionen und damit auch über ihr eigenes Schicksal entschieden hatten. Alle sind sich einig in dem Wissen, dass  andere unter Deutschen litten, zu Tode kamen und dass es unsere Aufgabe ist, unseren Beitrag zu leisten, damit die Einigung Europas vorankommt und Friede und Freiheit herrschen. Zwei der Reiseteilnehmer berichteten, sie würden Polnisch lernen, um sich besser mit den polnischen Nachbarn verständigen zu können, was viel Anerkennung bei den Gesprächspartnern findet.

Neben den Besichtigungen fehlte es nicht an netten Begegnungen. Die Freude war groß über den herzlichen Empfang der Schweidnitzer Freunde mit dem stellvertretenden Landrat an der Spitze. In Glatz/Klodzko, beim Empfang des dortigen stellvertretenden Bürgermeisters,  traf die Reisegruppe auch mit der Bensheimer Delegation zusammen, die anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Partnerschaft zwischen Bensheim und Glatz dort zu Gast war. Willkommen waren auch mitgebrachte Kleiderspenden für ein Heim für Kinder aus schwierigen Familien.

Das insgesamt gelungene Unternehmen ließ die Vorstandsmitglieder schon auf der Heimfahrt Pläne für die nächste Fahrt in den polnischen Partnerkreis schmieden. So wie auf der Hinfahrt nach Polen bei einem Zwischenstopp die Frauenkirche in Dresden besucht wurde, so wird sicher auch dann unterwegs bei einem anderen markanten Bauwerk ein Zwischenstopp eingelegt werden.


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